In der Lehre bei der Erde

2. November 2017

Da sitz ich im milden, milchigen Morgenlicht und sehe hinauf in den Wald, der sich seiner Kleider nun endgültig entledigt hat, die Wurzeln äußerst hübsch goldbraun bedeckt und gut gewärmt von einer dicken Schicht Laub. Jetzt beginnt also das Winterviertel, zeitlich sind wir über die Schwelle getreten in die Wochen der Dunkelheit, konfrontiert mit kurzen Tagen und langen Nächten.

Ganz deutlich ist mir dieses Eingespanntsein zwischen dem, was die Jahreszeit mir erzählt und wonach es eine große Sehnsucht gibt und dem, was das „zivilisierte“ Leben und meine Arbeit von mir wollen, dem ich ebenfalls zu entsprechen versuche. Das Bewusstsein über diese Diskrepanz allerdings macht mich ein bisschen nachsichtiger und milder, ich verlange mir nicht „volle Kraft voraus“ ab, sondern das Not-Wendige ist genug. Das genügt. Ich genüge.

Das Element des Winterviertels ist die Erde. Die trägt, die hüllt, die lässt in ihrem Inneren ruhen, was ruhen will und wachsen, was wachsen will. Die hat keine Angst vor Moder, Dreck, Dunkelheit und Untergründigem. Die ist die Meisterin des Lassens und ich will bei ihr in die Lehre gehen.