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Inwendig

14. Dezember 2022

Zuhören können

ist eine fast vergessene Kunst.

Auch das „Sich-selbst-Zuhörenkönnen“

nach innen hinein.

Mascha Kaléko

Glühender Schnee

13. Dezember 2022

Die Luft riecht schon nach Schnee, mein Geliebter

Trägt langes Haar, ach der Winter, der Winter der uns

Eng zusammenwirft steht vor der Tür, kommt

Mit dem Windhundgespann. Eisblumen

streut er ans Fenster, die Kohlen glühen im Herd, und

Du Schönster Schneeweißer

Legst mir deinen Kopf in den Schoß

[…]

Schnee fällt uns mitten ins Herz

er glüht

[…]

Sarah Kirsch

Alltagszärtlichkeit

12. Dezember 2022

Jetzt, wo ich die Teekanne

-wie oft gebraucht,

dann zur Seite gestellt-

wieder aus dem Schrank nehme,

sehe ich sie plötzlich

-verbunden mit unseren Jahren-

mit Zärtlichkeit,

sehe ich den von Schneeflocken

punktierten Tag,

an dem du sie gebracht

und auf den Tisch gestellt hast.

Walter Helmut Fritz

Alt und neu

11. Dezember 2022

Das Alter erschafft mich neu.

Ein fremdes Gesicht erscheint langsam über meinem Gesicht.
Von Tag zu Tag verliert sich die gewohnte Ähnlichkeit,
und eine andere Frau taucht im Spiegel auf,
sieht mich von einer Reife aus an,
die ich noch nicht als meine erkenne.

Gioconda Belli

Kleben und Schweben

10. Dezember 2022

Wir haben das Schweben verlernt,

weh uns, wir kleben am Weg,

vom Leuchten der Sterne entfernt

die Flügel gesenkt und träg,

so trotten die Füße ergeben.

Ach, Liebster, bevor es zu spät,

versuchen wir´s, uns zu erheben.

Mascha Kaléko

Ohne Tragegebärde

9. Dezember 2022

So rann ich aus dem Wort:

Ein Stück der Nacht

mit Armen ausgebreitet

nur eine Waage

Fluchten abzuwiegen

diese Sternenzeit

versenkt im Staub

mit den gesetzten Spuren.

Jetzt ist es spät.

Das Leichte geht aus mir

und auch das Schwere

die Schultern fahren schon wie Wolken fort

Arme und Hände ohne Tragegebärde.

Tiefdunkel ist des Heimwehs Farbe immer

so nimmt die Nacht

mich wieder in Besitz.

Nelly Sachs

Reklame

8. Dezember 2022

Wohin aber gehen wir

ohne sorge sei ohne sorge

wenn es dunkel und wenn es kalt wird

sei ohne sorge

aber

mit musik

was sollen wir tun

heiter und mit musik

und denken

heiter

angesichts eines Endes

mit musik

und wohin tragen wir

am besten

unsre Fragen und den Schauer aller Jahre

in die traumwäscherei ohne sorge sei ohne sorge

was aber geschieht

am besten

wenn Totenstille

eintritt

Ingeborg Bachmann

Gehüllte Stille

7. Dezember 2022

Reden schafft Lärm

Schweigen schafft Stille

Stille ist Fülle.

Worte nur Hülle.

Mascha Kaléko

Ein guter Tag

6. Dezember 2022

In Schönheit durchs Leben gehen

die Seele entgiften

Orte von großer Kraft aufsuchen

morgens dem Gesang der Vögel zuhören

den Schneeflocken beim Fallen zusehen

die frische Luft einatmen

in schöner Erinnerung schwelgen

keine Laus auf der Leber lassen

Lachen bis kein Groll mehr übrig ist

Luisa Francia

Schatten und Wunde. Wunder

5. Dezember 2022

Jage die Ängste fort                                

und die Angst vor den Ängsten.

Für die paar Jahre wird wohl alles noch reichen.

Das Brot im Kasten und der Anzug im Schrank.

Sage nicht MEIN.

Es ist dir alles geliehen.

Lebe auf Zeit und sieh, wie wenig du brauchst.

Richte dich ein

und halte den Koffer bereit.

Es ist wahr, was sie sagen:

Was kommen muss, kommt.

Geh dem Leid nicht entgegen.

Und ist es da, so sieh ihm still ins Gesicht.

Es ist vergänglich, wie Glück.

Erwarte nichts und hüte besorgt dein Geheimnis.

Auch der Bruder verrät, geht es um dich oder um ihn.

Deinen eignen Schatten nimm zum Weggefährten.

Feg deine Stube wohl.

Und tausche den Gruß mit dem Nachbarn.

Flicke heiter den Zaun und auch die Glocke am Tor.

Die Wunde in dir halte wach

Unter dem Dach im Einstweilen.

Zerreiß deine Pläne.

Sei klug und halte dich an Wunder.

Sie sind lang schon verzeichnet im großen Plan.

Jage die Ängste fort

und die Angst vor den Ängsten.

Mascha Kaléko

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