Schlagwort: Achtsamkeit

Gehen

10. Dezember 2020

Wir alle gehen jeden Tag wohin. Gehen ist uns Fortbewegungsmittel von A nach B, oft transportieren wir dabei auch noch einiges.

Es ist dem Dasein und der Präsenz absolut förderlich „nur“ zu gehen. Pack dich zusammen, zieh dich warm an, nimm nichts mit. Gehe ein Stück in die Natur hinein, in einen Wald, ein bisschen raus aus der Zivilisation.

Dann stell dich beidbeinig hin. Steh, atme, schließ für einen kurzen Moment deine Augen und nimm dich wahr und spüre in dich hinein. Schalte in einen verlangsamten Zeitlupen-Modus und beginn zu gehen.

Was passiert alles in dir, bevor du überhaupt den ersten Schritt setzst?

Dein Gewicht kommt auf eine Seite, auf ein Bein, du löst die Fußsohle des anderen Beines, beugst das Knie, pendelst aus dem Hüftgelenk nach vorne, um den ersten Schritt zu setzen, bringst dein Gewicht darauf……und…..

Nimm diese Schritte als Ereignis, als Feuerwerk aus unzähligen kleinen Bewegungen. Vergiss im Aufmerksam-Sein nicht auf das Atmen.

Nach einigen Schritten kannst du deine Aufmerksamkeit auf das Zusammenspiel der kleinen Bewegungen richten, ein wenig an Tempo zulegen und dich an Koordination, Ablauf, die Einbindung deines ganzen Leibes, deiner ganzen Person erfreuen.

Gehen ist ein Wunder. Eines dieser übersehenen, kleinen Alltagswunder, die uns ins Staunen,  in die Präsenz und in unsere ureigene Zeit bringen können.

Wintersonnwend

22.12.2018

Empfindsame Tage, lange Nächte, die Wintersonnwendzeit ist da, mit einem Vollmond noch dazu. Einbremszeit vor Weihnachten ist schon was Feines. Für Schlaf sorgen, das Gemächliche zelebrieren, ein bisserl „Nestln“. Die Vorbereitungen im eigenen Tempo machen, den „Hudriwudri“ in den Arm nehmen und ein bisschen beruhigen.

Die viele Dunkelheit erschwert das Sehen, macht das Hören und Spüren zu einer Not-Wendigkeit. Und alles ein bisschen langsamer und aufmerksamer als sonst.

Habt eine feine Zeit, ihr Menschen da draußen, seid gut zu euch und zu den anderen. Dem Licht eine Bühne geben, dem kleinen Licht.

 

 

 

Ein Engel meint es gut

7. Dezember 2018

Die propagierte stillste Zeit im Jahr zeigt sich (wieder einmal) in einer Dichte, die ihresgleichen im Jahresverlauf sucht. Die Termine drängen sich und die Notwendigkeiten, als gäbe es nach Weihnachten keine Zeit mehr  und kein Weiterleben…. Dieses tiefe Bedürfnis abzuschließen, fertigzubringen, einzuziehen (ein Hallo an alle HäuslbauerInnen und RenoviererInnen! ) hat vermutlich damit zu tun, dass wir Platz schaffen wollen für das Neue, das Licht, das sich ankündigt und niederlassen will, für die Zeit des Erträumens  eines neuen Jahres.

Der Witz und die Krux dabei: Weiterradeln schafft weder Zeit noch Raum. Auf- hören (auf- horchen) ist in diesem Zusammenhang das Gebot der Stunde und Herausforderung gleichermaßen. Nicht dass ich darin besonders gut wäre – so rede ich mir selber gut zu und bin mir Aufforderung: hör auf, hör hin, hör zu!

Klingt streng!

Hör auf dich, hör hin zu deinem Herzen, hör deiner inneren Stimme zu – sagt der Engel – sehr sanft und gar nicht streng. Und findet ein Gedicht.

In erschreckender

Sanftheit

senkt der Abend

sich

mit dem Steigen des Mondes

sinke auch ich

umfangen

von Dunkelheit

Die Nacht

sie kleidet mich

darin beweg ich mich

gut und gerne

meinem Grund zu

meinem Boden

Worte

Gelächter

Gerede

Gerüchte

Sie bilden den

glitzernden

Sternensaum

meines

indigoblauen

Nachtkleids

Alltagswunder

27. November 2018

Achtsamkeit üben ist ein Abenteuer- ohne Reisen, ohne Kick, ohne Haben wollen, ohne Getriebenheit. Innenräume, Welt, Beziehungen, Natur, der eigene Körper erschließen sich in einer Tiefe und Fülle, die zum Staunen und zur Freude verführt. Die Verführungen des „Schneller, Höher, Weiter, Mehr“ werden gänzlich uninteressant und wirklich absurd.

Das Wunder des Atmens, das Wunder der Schwerkraft, das Wunder des Gehens – jeden Tag, umsonst – aber nicht umsonst.  Noch selten habe ich mich so am Gehen erfreut, wie in den letzten Tagen, eine sinnliche Erfahrung für den gesamten Leib.

Ein Gedicht von Christine Lavant….

Seit heute, aber für immer weiß ich: 

Die Erde ist wirklich warm

Ich gebe der Nessel den Brand zurück

und dem Igel die Stacheln

Seit heute ist alles mein Schutzpatron

und die ganze Welt ist eine Weidenwiege

darin der Windstoß uns zusammenschaukelt

und unseren Atem verknotet                             

 

 

Bist du Raum und hast du Raum?

10. November 2018

Intensive Tage mit allerhand Gesprächen, viel im Austausch mit den Menschen, die ich täglich treffe. Mich beschäftigt gerade die Vorbereitung von zwei Veranstaltungen: die „Tage der Achtsamkeit“ in Schloss Puchberg von 22. bis 25. November und zwei Adventkonzerte mit Lesung in Feldkirchen und Lichtenberg am 8. und 9. Dezember.

Zum einen das Thema der Wahrnehmung des Selbstverständlichen und Alltäglichen, gewahr sein und ein Abklopfen des Begriffes „Selbstverständlichkeit“: sich das Selbst verständlich werden lassen, verständlich machen. Mir in Selbstreflexion begegnen, in Aus-einander-.setzung  gehen um dann umso offenherziger, authentischer uns selbstverständlicher  Mit-mir-selbst zu sein.

Zum anderen der Titel der Adventveranstaltung: „Do you have Room?“ – eine etwas andere Herangehensweise an die Herbergssuche, die uns ja nicht wirklich etwas gelehrt hat. Immer wieder fällt es uns schwer, Platz zu machen, Platz zu geben, Raum zu lassen.

Ich schenke euch ein Gedicht von Nelly Sachs:

Kommt einer von ferne

mit einer Sprache

die vielleicht die Laute verschließt

mit dem Wiehern der Stute

oder dem Piepen junger Schwarzamseln

oder

auch wie eine knirschende Säge

die alle Nähe zerschneidet-

Kommt einer von ferne

mit Bewegungen des Hundes

oder

vielleicht der Ratte

und es ist Winter

so kleide ihn warm

kann auch sein

er hat Feuer unter den Sohlen

(vielleicht ritt er auf einem Meteor)

so schilt ihn nicht

falls dein Teppich durchlöchert schreit-

Ein Fremder hat immer seine Heimat im Arm

wie eine Waise

für die er vielleicht nichts als ein Grab sucht.

Ein zweiter Kaffee und Dankbarkeit

22. November 2017

Heute ist so ein Morgen, an dem ein zweiter Kaffee sein soll und möglich ist. Da macht sich gleich ein bisschen Gefühl von Luxus breit, noch dazu ist der Himmel weit und klarer als an den letzten Tagen. Immer noch hängen ein paar rote Äpfel leuchtend am ansonsten kahlen Apfelbaum, die Meisen sausen zwischen Bäumen und Vogelhaus hin und her und ein paar gelblich verfärbte Weinblätter sind noch im Fensterausschnitt zu sehen:  die karge Schönheit des Abschieds.

Der gestrige Tag war an Dichte kaum zu überbieten UND es war ein Arbeitstag nach meinem Geschmack: intensive Gespräche bei den Überlegungen zu den „Tagen der Achtsamkeit“ Anfang Dezember und ein zufriedenstellendes Ergebnis ebendieser Vorbereitungen. Gute, lustvolle und intensive Unterrichtsstunden auf Augenhöhe. Eine Feldenkraislektion am Ende des Tages. Diese Form des Arbeitens hat mit mir zu tun, fordert mich als Person, schafft Resonanz und gibt Resonanz. So mag ich das, dem wohnt Sinn und Bestätigung aus dem Augenblick inne und lässt, das ist meine Wahrnehmung, uns alle ein bisschen lebendiger daraus hervorgehen.

Etwas ist gut und gelungen und ich bin dankbar dafür.