Schlagwort: Erzählung

So etwas wie ein Adventkalender: Das kleine Immunglück

26. November 2020

Ich vermisse schon seit dem Frühjahr und der Veränderung unserer Welt durch einen Virus das Nachdenken über eine Stärkung dieses Systems in unserem Körper, das für derlei Begegnungen gebaut und gemacht ist- unser Immunsystem.

Es gibt Wörter, die andere Geschichten und Erzählungen provozieren, als jene, die uns täglich erzählt werden: Prävention, Salutogenese, Resilienz. Es ist erstaunlich wenig darüber zu hören.

Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass mich bei einem guten und gestärkten Immunsystem kein Virus erwischen kann, wir haben es ja mit äußert kontaktfreudigen und die Begegnung liebende Viren zu tun. Aber ich bin absolut der Meinung, dass Dinge, Aktivitäten, Anwendungen die meinem Immunsystem zuträglich sind, mir als ganzer Person gut tun und mich an die Lebendigkeit anbinden. Und ein gestärktes und lebendiges Immunsystem wird mit dem Virus auch anders tanzen können.

Wir können krank werden, wir können gesund werden – das ist Teil unseres Lebens, diese Erfahrung haben wir schon öfter gemacht.

Dass wir auch daran sterben können ist ebenso Teil unseres Lebens. Dieser Teil der Geschichte ist aber im Moment überwiegend die große Erzählung.

Ich möchte mich auf den anderen Teil fokussieren und plane ein Art Adventkalender mit dem Titel „Das kleine Immunglück“.

In einem System (dem Immunsystem) gibt es mehrere Zusammenspieler, da darf mit so etwas wie „Schwarmintelligenz“ gerechnet werden. Damit gibt es eine ganze Menge Ansatzpunkte, die auf das System zurückwirken.

Hier in diesem Blog wird also ab 1. Dezember täglich ein kleiner Beitrag für unser Immunsystem und unser kleines Alltagsglück zu finden sein. Das werden keine durchschlagenden und absolut neuen Ideen, eher kleine Wieder-Erinnerungen, sogenannte „Re-Minder“ sein.

Ich lade dich ein, dich zu bedienen, dich anstecken zu lassen, dir Gutes zu tun, deinen Fokus vielleicht ein wenig zu verschieben.

Schau vorbei!

Doppelconference

22. März 2020

Der Punkt ist, meine Schmerzpunkt ist: die Erzählung, dass wir einander potentiell gefährlich sind, weil wir – die ganz große Menge an Menschen- nicht wissen, ob wir „das Virus“ in uns haben und übertragen können. Und noch immer habe ich nicht wirklich Angst vor diesem Virus, sondern vielmehr vor dem, was diese Erzählung in unseren Beziehungsräumen erzeugt. Dieses Abstand halten, diese Armut für unser taktiles System, dieses im Zaum halten unserer Bedürfnisse nach Nähe und sinn-lichem Spüren der Präsenz des anderen/der anderen.

Wie werden die Begegnungen sein, wenn sie wieder „erlaubt“ sind?  Das Vertrauen ist ein scheues Tier, das wird sich nicht sofort wieder zeigen.

Und woran merken wir, dass wir gesund sind? Ich fühle mich gesund, und doch verhalte ich mich, als wäre ich ansteckend. Mein Gegenüber fühlt sich gesund. Aber die Erzählung, dass wir beide krank sein könnten, bestimmt unser Verhalten. Das ist Teil dieser täglichen Surrealität, oder besser Doppelbödigkeit.

Ich glaube für viele von uns, ist diese Situation einer Erinnerung an kindliche Erlebnisse: Ich spüre eine Ungereimtheit, ein Unbehagen. Und die Erwachsenen rundherum beteuern, beschwichtigen, beruhigen scheinbar: Aber nein, das bildest du dir nur ein! Jetzt ist es quasi umgekehrt: Ich fühle mich gesund, das Wetter ist prächtig, der Frühling platzt aus allen Winternähten, das ist pure Lebendigkeit, Wachstum. Aber komm bloß nicht auf die Idee, es der Natur gleich zu tun: viel zu gefährlich, nur nicht turteln, nicht zusammenkommen, Abstand halten, …

Die skurrile  Doppelconference von Empfinden und Erzählung.: das ist es, was neben all den nüchternen, vernünftigen Überlegungen, Berechnungen, Prognosen, Verhaltensregeln auf der großen medialen Hauptbühne auf der Hinterbühne stattfindet.  Mein inneres Publikum pendelt zwischen Haupt- und Hinterbühne hin und her.

Ach, all die frisch Verliebten! Nichts turnt das Immunsystem besser an!

 

Wandlungsräume aufsuchen

29. September 2017

Heute geht mir durch den Kopf, wie das mit den Wandlungsräumen ist, die wir aufsuchen – sehenden Auges, ahnend nachher nicht mehr die gleichen zu sein wir vorher, aber nie ganz sicher, dass Veränderung auch passieren wird.

Dazu fallen mir drei Situationen ein: die eine ist die Entscheidung für ein – ich nenne es mal sehr weit – „Kulturerlebnis“, die zweite hat mit Gesprächen zu tun, die in einer bestimmten Atmosphäre stattfinden, das dritte ist das Lesen oder Hören von guten Geschichten.

Wenn ich mich für ein Konzert, ein Theaterstück, eine Performance, einen Film entscheide, dann schwingt da immer auch die leise Hoffnung mit, daraus verwandelt hervorzugehen. Einen neuen Aspekt zu entdecken, die Wahrnehmung gelenkt zu bekommen, berührt zu werden, etwas neu zu sehen, auf etwas hingewiesen zu werden, das sich mir vorher noch nicht gezeigt hat. Und es gibt – wahrscheinlich auch für dich – diesbezüglich auch erdrutschartige Erlebnisse. Ein Konzert mit Maria Joao oder Iva Bittova und Hamid Drake. Ein Ausstellungsbesuch bei Werken von Birgit Bachmann vergangenen Sommer. Ein Film über die Künstlerin Camille Claudel.

Gespräche, meist in Zweierkonstellationen, in denen ich alle Vorsicht, jeden Vorbehalt, alle Souveränität und Gescheitheit sausen lasse und aus meinem Herzen erzähle, was gerade ist, kein Kalkül, keine Lechzen nach Anerkennung, sondern der Versuch darüber zu reden, was grad ist und wer ich grad bin. Ich muss mir nicht überlegen, wie ich grad dastehe, weil ich von Gehaltensein ausgehe. Das empfinde ich als großes Geschenk und als Wandlungsraum erster Güte.

Ja, und dann Geschichten, die ein Bild entwerfen, das ich so noch nie in meinem Kopf entdeckt habe, die das Sehnen schüren, die erzählen von Orten und Entwicklungen und  einen Sog entwickeln dorthin, wo  ich mir und dem, was ich in die Welt bringen mag, vermutlich noch näher komme.  Erzählungen und Geschichten, die ermutigen, das immer Gleiche zu verlassen und die Nase in den „wind of Change“ zu halten um Feuer zu fangen für die ersten Schritte.

Mein Vorsatz für dieses Wochenende: Wandlungsräume aufsuchen!