Schlagwort: Kultur

Dem Leben und der Lebendigkeit verpflichtet

22.Dezember 2021

Noch ein Wort zu den Beiträgen der letzten Tage- möget ihr mich richtig verstehen: Ich halte den tiefgreifenden Respekt voreinander für unerlässlich UND ich habe eine klare Haltung zu den Themen der letzten Wochen. Das ist an sich ein eher unharmonischer Zustand, der da in meinem Inneren ist. Es ist auszuhalten, dass Menschen in meinem Umfeld die Lage anders einschätzen als ich, auch die Argumentationslinie ist mir nicht immer nachvollziehbar und „Ich versteh das einfach nicht!“ ist schneller in meinem Bewusstsein als ich zu irgendetwas „Ja!“ sagen kann.

Trotzdem will ich nicht zulassen, dass das Gemeinsame, das was wir teilen keinen Platz mehr hat. Das bedeutet innere Arbeit und die ermüdet auch.

Die letzten Tage des Advents und auf Weihnachten zu sollen nun der für mich vielleicht wichtigsten Haltung gewidmet sein: ich fühle mich dem Leben und der Lebendigkeit verpflichtet! Das wollen wir jetzt vom Gegenteil her aufzäumen:

wählen zwischen Erstarrung und Lebendigkeit,

wählen zwischen Wissen und Recht haben und „das Leben in seiner Ambivalenz aushalten“,

wählen zwischen was lähmt mich und was belebt mich,

wählen zwischen Beschwernis und Leichtigkeit,

Ein guter Referenzrahmen für diese vielen Entscheidungen ist für mich die Natur, die Meisterin des Lebens und der Lebendigkeit. Wie wir alle wissen, geht es auch dort beileibe nicht nur romantisch und streichelweich zu. Ohne ein Nachdenken über Hingabe, Opferbereitschaft, Konkurrenz, Individualität und Kollektiv, Leben wollen und das Leben lassen, kommen wir, komme ich da nicht durch. Und der (menschlichen) Natur, lässt sich auch immer die (menschliche) Kultur zur Seite stellen. Und dazu gehört nun auch das Üben und Kultivieren von Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Würde und Würdigung kultivieren

18. Dezember 2021

Die Sache mit der Unantastbarkeit: ich orte meine Würde ja in meinem Inneren. Das heißt zwischen der Situation, die meine Würde antastet und meiner Würde, bin ich – gewissermaßen. Mich kann man angreifen, berühren, antasten, anstupsen, auf vielen Ebenen. Wie sich meine Würde, wie ich mich mit meiner Würde dazustelle, ist ein eigener Prozess, der oft unbewusst läuft, aber eben auch bewusst laufen kann, über die Ausrichtung meiner Haltung. Das nur dazu, warum Würde für mich etwas mit Haltung zu tun hat.

Und nun ist es so, dass sich dieser Würdekern in jedem Menschen (in jedem Lebewesen womöglich) befindet. Der zeigt sich nicht immer, selten vielleicht sogar. Aber es gibt die Grundannahme (und deswegen ist die Erwähnung im ersten Artikel der Charta der Menschenrechte mehr als berechtigt!), dass jeder*r diesen Würdekern in sich trägt und es ein Geburtsrecht ist, dass dieser gewahrt bleibt, ja, gewürdigt wird.

Ich schreibe, das ist eine Grundannahme. Ich glaube es, ich möchte es glauben, ich weiß es nicht (wie so vieles im Moment). Ich ahne es.

Und ich spüre, dass in jeder Auseinandersetzung das der Punkt ist, an dem es hakt. Der Blick, die Ahnung, dass es diesen würdevollen Kern ganz hinten, ganz unten, vielleicht total verschüttet von vielen schmerzlichen, entwürdigenden Erfahrungen gibt, geht zumindest bei einer Seite verloren (meist bei beiden…)

Und ja, ich kenne das und ich ahne auch, dass es darum geht, Kontakt zu meiner Würde zu haben und von dort aus Kontakt mit der Würde des/der anderen aufzunehmen. Hinter die Argumente, hinter die Wut, hinter die Rechtfertigung, hinter das Geschrei, hinter die Angst, darunter zu blicken und zu ahnen, wir sind verbunden. Doch ist es gar nicht einfach, diese Schichten in mir freizulegen, die Argumente beiseite zu legen, die Wut verrauchen zu lassen, die Rechtfertigung abzulegen, das Schreien aufzuhören, die Angst anzuerkennen, also richtiggehend abzurüsten, um vom ungeschütztesten Punkt aus, mit Scheu und würdevoll auf den ungeschützten Punkt im anderen zu sehen.

Alles was es dazu braucht an Haltung, an innerer Arbeit, an Selbstreflexion, an Blick auf die eigenen Wunden, kultiviert Würde.

Wahrnehmung kultivieren

3. Dezember 2021

Die Wahrnehmung zu kultivieren bedeutet, meine Sinne zu nutzen, ihnen zu trauen, ihnen immer wieder auch„Futter“ zu geben, das bekömmlich ist. Sehen, was mir Freude macht, zu sehen. Hören, was mich belebt, Spüren, was mir wohltut, Riechen und Schmecken, was mir gefällt.

Mir gefällt z. B. dieses Lied von den Strottern und es passt auch vorzüglich in diese Zeit:

Das Wort „Ästhetik“ leitet sich vom altgriechischen „Aisthetikos“ „der Wahrnehmung fähig“ her.

Dem puren Wahrnehmen wohnt womöglich Schönheit inne.

(M)Ein Buchtipp: „Wenn wir wieder wahrnehmen“ von Heike Pourian

Aus dem Klappentext: Könnte es sein, dass dem Sinnlichen, Genussvollen und Spielerischen unsere größte politische Kraft innewohnt?

Ja, könnte das sein?

Weltschmerztage

27.11.2021

Es gibt Tage, gestern war so einer, an denen ich vor der Welt und ihren Schmerzen, den Menschen und ihren Schmerzen, den Entwicklungen, die Schmerz verursachen in die Knie gehe. Dann setzt sich der Schmerz in meinem Körper fest, die Abgrenzung funktioniert nicht mehr, die Mutlosigkeit macht sich breit, schaumgebremst und antriebslos häng ich dann in den Seilen und empfinde alle als zu viel und als riesige Zumutung.

Ich erlebe dann einen Tag, an dem das Funktionieren, das Dagegenhalten, das Haltung entwickeln, die Leichtigkeit und die Lebensfreude Urlaub haben. (Eine wilde Truppe – würd gern wissen, wie die so einen Urlaubstag verbringen :-)) Dann bin ich im Modus des „Aushaltens“. Ja, das gibt es- Weltschmerztage.

Und heute früh morgens dann die Idee, mich noch ein bisschen mehr mit dem Erproben, Üben und Kultivieren von Haltung(en) zu beschäftigen und das in den Rahmen eines Adventkalenders zu packen. Der startet, wie es sich für einen solchen gehört, am Mittwoch den 1. Dezember und läuft bis 24. Dezember.

Hier also die herzliche Einladung, täglich ein Türchen in bekannte und unbekannte, inspirierende und vielleicht auch schräge Räume zu öffnen und in diesem Blog vorbeizuschauen.

Vielschichtigkeit durchwandern

8. Oktober 2020

Die Alltage sind fordernd, noch ein wenig komplexer als sonst, unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Bedürfnisse, unterschiedliche Haltungen zu den Kronenviren und den damit einhergehenden Maßnahmen. Sich in dieser Vielschichtigkeit zu bewegen, benötigt Wahrnehmungsfähigkeit, Flexibilität und Reaktionsfähigkeit, bei gleichzeitigem Update der eigenen Haltung, die auch alles andere als klar, eindeutig und unumstößlich ist. Die Meinungsbildungsprozesse sind „fluid“, die Haltung entsprechend beweglich. Ein paar Faktoren aber bleiben: dem Leben (und auch Viren sind Lebewesen) ist nicht mit Kontrolle beizukommen, Angst ist kein guter Ratgeber, Verbundenheit zu kultivieren hilft dem Immunsystem und die von Zeit zu Zeit gestellte Frage: was macht mich gesund, was hält mich gesund?

Meiner Gesundheit zuträglich: Kontakt mit Menschen, denen ich mich verbunden fühle, Lachen, Zeiten von „Nichts“ (Stille, allein sein), guter Schlaf, Natur- und Kulturbegegnung, Musik, gute Geschichten, guter Kaffee, gutes Essen, Zufälle (Orakel, die das Leben so vorbeibringt) z. B. (Aufzählung ist unvollständig).