Schlagwort: Natur

Dem Leben und der Lebendigkeit verpflichtet

22.Dezember 2021

Noch ein Wort zu den Beiträgen der letzten Tage- möget ihr mich richtig verstehen: Ich halte den tiefgreifenden Respekt voreinander für unerlässlich UND ich habe eine klare Haltung zu den Themen der letzten Wochen. Das ist an sich ein eher unharmonischer Zustand, der da in meinem Inneren ist. Es ist auszuhalten, dass Menschen in meinem Umfeld die Lage anders einschätzen als ich, auch die Argumentationslinie ist mir nicht immer nachvollziehbar und „Ich versteh das einfach nicht!“ ist schneller in meinem Bewusstsein als ich zu irgendetwas „Ja!“ sagen kann.

Trotzdem will ich nicht zulassen, dass das Gemeinsame, das was wir teilen keinen Platz mehr hat. Das bedeutet innere Arbeit und die ermüdet auch.

Die letzten Tage des Advents und auf Weihnachten zu sollen nun der für mich vielleicht wichtigsten Haltung gewidmet sein: ich fühle mich dem Leben und der Lebendigkeit verpflichtet! Das wollen wir jetzt vom Gegenteil her aufzäumen:

wählen zwischen Erstarrung und Lebendigkeit,

wählen zwischen Wissen und Recht haben und „das Leben in seiner Ambivalenz aushalten“,

wählen zwischen was lähmt mich und was belebt mich,

wählen zwischen Beschwernis und Leichtigkeit,

Ein guter Referenzrahmen für diese vielen Entscheidungen ist für mich die Natur, die Meisterin des Lebens und der Lebendigkeit. Wie wir alle wissen, geht es auch dort beileibe nicht nur romantisch und streichelweich zu. Ohne ein Nachdenken über Hingabe, Opferbereitschaft, Konkurrenz, Individualität und Kollektiv, Leben wollen und das Leben lassen, kommen wir, komme ich da nicht durch. Und der (menschlichen) Natur, lässt sich auch immer die (menschliche) Kultur zur Seite stellen. Und dazu gehört nun auch das Üben und Kultivieren von Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Gehen

10. Dezember 2020

Wir alle gehen jeden Tag wohin. Gehen ist uns Fortbewegungsmittel von A nach B, oft transportieren wir dabei auch noch einiges.

Es ist dem Dasein und der Präsenz absolut förderlich „nur“ zu gehen. Pack dich zusammen, zieh dich warm an, nimm nichts mit. Gehe ein Stück in die Natur hinein, in einen Wald, ein bisschen raus aus der Zivilisation.

Dann stell dich beidbeinig hin. Steh, atme, schließ für einen kurzen Moment deine Augen und nimm dich wahr und spüre in dich hinein. Schalte in einen verlangsamten Zeitlupen-Modus und beginn zu gehen.

Was passiert alles in dir, bevor du überhaupt den ersten Schritt setzst?

Dein Gewicht kommt auf eine Seite, auf ein Bein, du löst die Fußsohle des anderen Beines, beugst das Knie, pendelst aus dem Hüftgelenk nach vorne, um den ersten Schritt zu setzen, bringst dein Gewicht darauf……und…..

Nimm diese Schritte als Ereignis, als Feuerwerk aus unzähligen kleinen Bewegungen. Vergiss im Aufmerksam-Sein nicht auf das Atmen.

Nach einigen Schritten kannst du deine Aufmerksamkeit auf das Zusammenspiel der kleinen Bewegungen richten, ein wenig an Tempo zulegen und dich an Koordination, Ablauf, die Einbindung deines ganzen Leibes, deiner ganzen Person erfreuen.

Gehen ist ein Wunder. Eines dieser übersehenen, kleinen Alltagswunder, die uns ins Staunen,  in die Präsenz und in unsere ureigene Zeit bringen können.

Vielschichtigkeit durchwandern

8. Oktober 2020

Die Alltage sind fordernd, noch ein wenig komplexer als sonst, unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Bedürfnisse, unterschiedliche Haltungen zu den Kronenviren und den damit einhergehenden Maßnahmen. Sich in dieser Vielschichtigkeit zu bewegen, benötigt Wahrnehmungsfähigkeit, Flexibilität und Reaktionsfähigkeit, bei gleichzeitigem Update der eigenen Haltung, die auch alles andere als klar, eindeutig und unumstößlich ist. Die Meinungsbildungsprozesse sind „fluid“, die Haltung entsprechend beweglich. Ein paar Faktoren aber bleiben: dem Leben (und auch Viren sind Lebewesen) ist nicht mit Kontrolle beizukommen, Angst ist kein guter Ratgeber, Verbundenheit zu kultivieren hilft dem Immunsystem und die von Zeit zu Zeit gestellte Frage: was macht mich gesund, was hält mich gesund?

Meiner Gesundheit zuträglich: Kontakt mit Menschen, denen ich mich verbunden fühle, Lachen, Zeiten von „Nichts“ (Stille, allein sein), guter Schlaf, Natur- und Kulturbegegnung, Musik, gute Geschichten, guter Kaffee, gutes Essen, Zufälle (Orakel, die das Leben so vorbeibringt) z. B. (Aufzählung ist unvollständig).

Klebrigkeiten und kleine Wunder

1. August 2018

Heute Nacht draußen geschlafen, Sternenhimmel, ungefilterte Geräuschkulisse von Zug bis Katzenjammer, morgens von den aufgeregten Flügelschlägen der Vögel im Nussbaum wach geworden und der Sonne beim Aufgehen zugesehen.

Nach dem Frühstück Spazieren und ein bisschen Laufen und Fuchs und Hase guten Morgen gesagt! Ja, wirklich einen Fuchs gesehen, der einen Hasen aus dem Maisfeld gejagt hat, so eine besondere Aufregung! Dann ein Flussbad und bis um 9.00 schon richtig viel erlebt.

Beim Gehen hab ich nachgedacht über dieses anstrebenswerte „Im Hier und Jetzt leben“. Das ist ganz einfach und auch wunderschön, wenn die Natur einem bestimmte Begegnungen beschert. Weniger einfach und nicht so besonders angenehm, wenn die Begegnung mit einem selbst wenig erhebend ist, weil das Zurückbleiben hinter den Idealen und Werten sich immer ein bisschen wie verlieren anfühlt, weil der Verlust sich ein bisschen klebrig übers Herz legt und Hier und Jetzt genau da ist: in den Niederungen des eigenen Lebens, voll der Fragen, der Beklemmungen, der Schwierigkeiten und dann eben auch wieder voll der kleinen Sommerfreuden und Wunder. Fehlen zum Ganzen praktisch das Lachen und die Pause, na dann: ist auch klar, worum es heute noch gehen soll….;-)

Hinwendung

2. April 2018

Einen Monat war nun Pause hier im Blog. Ein Abtauchen in all die anstehenden inneren Prozesse war dran.  Intensiv mit mir in Kontakt war ich und Trost habe ich vor allem  im Sein in der Natur erfahren. Ein Forschungstagebuch geführt, viel geschlafen, mir ein Ritual erschaffen, das mir hilft, im Körper präsent und als ganze Person gegenwärtig zu sein. Nun spüre ich, dass ich mich wieder mehr der Außenwelt zuwenden mag. Ab und zu gibt es jetzt Texte und Abschnitte aus dem Forschungstagebuch zu lesen:

Käfergeschriebene Briefe auf der Innenseite von Rinde

erreichen mich

geheimnisvollen Zeichen nachgehen

dem Sog der Linienmagie nachgeben

mich einziehen lassen

 

der Erzählung lauschen, die sich in meine Haut eingeschrieben hat

die Botschaften auf der Innenseite erschließen

mich und meine Geschichte lesen lernen

und mich über sie hinauswandeln

 

 

Verkörperte Zustimmung

30. Jänner 2018

Doch – unterbreche ich meine Gedankenschleifen – doch, da waren gestern gelungene Momente. Es hat etwas, von dem, das ich in die Welt bringen mag, stattgefunden: echter Kontakt, schöne Gespräche, mündige Jugendliche, Wahrnehmung und Spielerisches Zugehen auf die Welt.

Und wieder einmal Andreas Weber, aus dessen Schatzkiste ich gestern ein paar besondere Perlen gehoben habe: „Fühlen ist das Barometer der Lebendigkeit in uns. (….) Fühlen ist die Bedeutung unserer Lebenssituation nach innen. (…) Gefühle sind ein poetischer Kommentar zur eigenen Existenz – genauso indirekt, genauso kreativ, genauso schwer unterdrückbar wie ein Ausruf, eine Zeichnung, ein Vers, eine Melodie, eine Landschaft, deren emotionaler Gehalt uns bis ins Mark erschüttert.“

„Anders als ein Mensch offenbart die Natur uns ihre existentielle Verfassung ohne Scheu, Scham und Hintergedanken. (….) Sie ist der Ort, der Trost spendet, wenn wir mit unseren Bedürfnissen auf Ablehnung oder Unverstand stoßen. Sie ist der Raum, der kein Gefühl verheimlicht und uns daher erlaubt, die eigenen Gefühle zuzulassen. (…) Natur gestattet jedem sein authentisches Selbst.“

In mir entsteht für diese Worte bis in die hinterste Zelle eine unglaubliche Resonanz, das ist gefühlte, eingeatmete Wahrheit. JAAAA tönt es in Herz und Nieren. Die Lunge holt Luft bis in die tiefsten Winkel und die Leber lacht sich ins Fäustchen. Das nenn ich verkörperte Zustimmung ….

Wurzelwunderwerk Wald

28. Dezember 2017

Heute morgen hat es mich direkt aus dem Bett in den Wald gezogen. Ich glaube fast, die Wurzeln haben mich gerufen…;-)

Wenn es etwas von und über Wurzeln zu lernen und erkennen gibt, dann ist der Wald wohl Lehrmeister par excellence. Im Wald gewinnt der Boden in unserer Wahrnehmung an Bedeutung. Meist verändert sich die Weichheit, der Boden ist uneben und dadurch eine Herausforderung für unsere Füße und Beine. Während des Gehens steigt immer wieder der erdig-feuchte Duft des humosen Untergrundes in die Nase – ahhhhh! hmmmm! Durch den Wald zu streifen ist zu jeder Jahreszeit eine Freude. Heute hab ich es mir zwischen den Wurzelkurven einer riesigen Fichte bequem gemacht und bin mit dem mächtigen Stamm im Rücken eine Weile am Boden gehockt. Diese Mischung aus Geborgenheit, Stütze, Unsichtbarkeit und Verschmelzung mit dem Baum hinter mir, macht etwas, dass sich gemeinhin „Verwurzelung“ nennt, das ich aber auch Rückverbundenheit nennen kann, auf sehr leibliche Weise zugänglich. Ich erfahre mich als Teil dieser natürlichen Umgebung. Die Bilder die ich sehe, die Geräusche, die ich höre sind auf eine Art sehr still,  andererseits außerordentlich belebt und lebendig.

Mobilität ist in unserem Verständnis von Leben und Gesundheit ein sehr hoher Wert. Heute ist mir der Gedanke gekommen, dass Verwurzelung als Gegenteil dazu gesehen werden kann. Verwurzelung zu erfahren hat schon damit zu tun, zu stehen, im-mobil zu sein, in die Tiefe, in den Boden hinein zu wachsen und zu fühlen. Das lässt sich in ständiger Bewegung und Beweglichkeit nicht wirklich erfahren. Still-stand versus Fort-schritt. Bleiben, Da-sein, sich dem Wandel aussetzen, Wurzelkommunikation üben…

Eingewoben und verbunden

15. November 2017

Verbundenheit- das ist für mich eigentlich der entscheidende Aspekt für Lebendigkeit und der wahre Grund für Wandel und Wandlungsfähigkeit. Die Verbundenheit zu Menschen, in unterschiedlichen Kontexten und Intensitätsgraden, macht ja für mich das Leben auch erst so richtig lebenswert und spannend: das können einmalige Begegnungen bei einer Fortbildung sein (so wie gestern), das können langjährige Freundschaften sein, das sind natürlich Liebesbeziehungen, das kann aus Arbeitsbeziehungen entstehen und da gibt es jene Menschen, mit denen sehr regelmäßig der Alltag, die kleinen und großen Stolpersteine, die Herausforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten geteilt werden.

Dann gibt es die Verbundenheit zur mich umgebenden Natur und evt. zu Haustieren und manch anderen Lebewesen, die einem in unmittelbarer Umgebung ans Herz wachsen. Die Rosenstaude, der Hollerbusch, der Rosmarinstrauch, die wallende Kapuzinerkresse,… all dem fühle ich mich auch verbunden, auch das verankert mich in der Welt, im Leben und im Verlauf der Jahreszeiten. Landschaften, Landstrichen, Himmelsstimmungen, Flußläufen, Pflanzen, Bäumen, Tieren,…kann ich mich verbunden fühlen.

Und dann gibt es für mich auch noch die Verbundenheit mit Menschen, die ich nicht wirklich kenne, aber von denen ich ein Interview, ein Statement, Musik höre, deren Texte oder Bücher ich lese, auf deren Webseiten ich surfe, deren Blogs ich lese, die ich als Schauspieler_innen  erlebe, deren Kunstwerke ich betrachte oder betrete und die in mir mit ihren Werken eine Resonanz auslösen, die Verbundenheit zur Folge hat, ein Gefühl von Eingewoben-sein.