Schlagwort: Sprache

Schwellentanz

12.Jänner 2021

Wie schon angedeutet, bin ich im Moment ein bisschen wortempfindlich. Schnell kommt mir etwas grob daher, schlampig oder schneidend, oder verurteilend, und ja, auch unsere Sprache krankt und siecht dahin. Da helfen neu erfundene Worte und Sprachkorrekturen gar nicht.

Folgenden Worten rate ich fürs Erste zu einer 6- wöchigen Reha:

Fitness, Plagiat, Symptom, Mutation, Impfdosen, Aggression, Lockdown, soziale Medien.

Statt ihrer Verwendung einmal tief aus-und einatmen.

Weil sich das mit Reden und Worten gerade nicht so heimatlich anlässt, rückt Bewegung, Musik und Tanz in den Vordergrund. Beim morgendlichen Tanzen habe ich entdeckt, dass es reizvoll ist, zwischen zwei Zimmern hin- und her zu tanzen. Der spannendste Ort dabei: die Schwelle (mit erhobenem Schwellenbrett) – braucht mehr Aufmerksamkeit, darauf zu bleiben ein gerütteltes Maß an Balance, die herkömmlichen Schritte müssen adaptiert werden – ein sehr leibliches Forschungsgebiet, das nicht ohne Folgen bleibt…..

Den eigenen Platz im Kreislauf des Lebens kennen

24. Juli 2018

Lange habe ich jetzt nichts geschrieben auf diesem Artio-Blog. Das Leben hat die ganze Aufmerksamkeit gebunden. Das Schreiben hat in der Verfassung von Morgenseiten stattgefunden oder eben gar nicht. Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Würde“ geht in die nächste Runde: Würde bedeutet den eigenen Platz im Kreislauf des Lebens zu kennen, einzunehmen und sich der Zirkularität des Lebens auch auszusetzen.

Ich lebe und achte in mir die Kräfte des Westens – die untergehende Sonne, die Abschiede, das Loslassen, das Sinken, das Schwinden der Kräfte, das Fließen des Wassers dem tiefsten Punkt zu.

Ich lebe und achte in mir die Kräfte des Nordens – das Ruhen, das Rasten, die Pause, das Nichts, die Dunkelheit der Erde, die Verbindung zu den Ahnen und die leise Stimme meiner inneren Weisheit.

Ich lebe und achte in mir die Kräfte des Ostens – die aufgehende Sonne, den Neubeginn, das Wachsen, die Leichtigkeit, das Spiel, die Kreativität, das luftige Kichern der Inspiration, das Sprudeln der Ideen.

Ich lebe und achte in mir die Kräfte des Südens – die hochstehende Sonne, den Raum, den ich einnehme und mit erwachsener Verantwortung fülle, meine Herzenswärme, mein Lachen, meine Erotik und Sexualität, meine feurige Initiative.

Mein Leben ist in diesen Kreislauf eingebunden, meine Tage sind mit diesen Kräften gefüllt und ich anerkenne sie alle, weil sie mir und meiner Mitwelt ein gutes Leben ermöglichen.

Selbstverständlichkeit – wie ich mir verständlich werde

9. Februar 2018

Die Wochen und Tage des Beurteilens und Benotens finden gerade statt und bringen mich immer in ein Grundgefühl von Dilemma und Schmerz. Etwas ist verlangt von mir, das ich anders sehe. Ich muss mich von meiner Haltung und Positionierung wegbewegen und dem System Tribut zollen. Das bringt mich in innere Turbulenzen.

Ich übe mich darin, diese Spannung auszuhalten mittels innerer „Dehnung“, mich nicht in Aktionismus flüchten, sondern die eigene Positionierung zu schärfen, Worte und eine Sprache dafür zu finden.

Insgesamt wandelt sich etwas von dem Gefühl der „Unzulänglichkeit“ hin zu einer neuen „Selbst-verständlich-keit“.  Dieses Feld jetzt einfach einmal aufzuspannen, tut einfach gut. Wie es sich bestellen lässt, wird sich zeigen.

Alltags-wandel-bar

11. November 2017

Der Hauch einer Ahnung in meinem Kommunikationsdilemma hat mich gestreift….(mithilfe von R., die solcherart möglich macht). Das, was ich sagen will, will durchfühlt sein. Ich muss über mich, mein Fühlen in dieser Sache Bescheid wissen, muss mich kennenlernen, dann kann ich mir überlegen, was davon für die anderen von Belang ist. Das ist meinem Fall tatsächlich unterschiedlich, so meine Einschätzung – deshalb Vorabinformation für diejenigen, denen ich mich verbunden fühle und Kurzinfo im Anschluss an alle. Spürt sich klar und einfach an. Die Lebbarkeit wird zeigen, was dran ist.

Im Lesen der Blogeinträge der letzten Wochen hab ich einige Facetten herausgefiltert, die kleinen Alltagswandel möglich machen, so der Bedarf danach besteht. Das Leben und meine Erfahrungen haben mir zugespült:

  • Tagesstart im Ohrensessel, ausatmen- einatmen, entschleunigen
  • Impulse wahrnehmen, Impulsen folgen
  • mich experimentieren, unterschiedlichstes ausprobieren
  • hören, zuhören, Resonanz in mir entstehen lassen
  • mich in fremden Sprachwelten herumtreiben, lesen, Worte finden, die in mir noch nicht entstanden sind und mich treffen lassen
  • meine Bedürfnisse als Ausdruck von Lebendigkeit begreifen, die Bedürfnisse der anderen als Ausdruck derer Lebendigkeit begreifen
  • lassen, entstehen lassen, wachsen lassen, passieren lassen, gehen lassen, ziehen lassen, loslassen, sein lassen

Sprache ist verräterisch

24. Oktober 2017

Heute bin ich ein bisschen ratlos. Irgendwie fliegen nur so Gedankenfetzen vorbei, nichts was fertig gedacht und fertig gespürt ist.

Da ist die Pensionsfeier eines Kollegen, die mich, bei dem, dass ich ihm die Pension von Herzen gönne,  wirklich beunruhigt: wer ist jetzt da, der viele Jahre überblickt und sich immer wieder kritisch und durchaus provokant zu bestimmten Entwicklungen zu Wort meldet? Ich glaube, ich hätte solche Kollegen gerne bei Konferenzen und Dienststellenversammlungen dabei und mindestens einen davon in der PV  – einfach als Korrektiv und Überblicker. Vom Unterrichten könnten sie ja befreit sein…. 😉

Eine Videobotschaft eines Holocaust-Überlebenden, geteilt von SOS Mitmensch – höchst beunruhigend!

Ja, beunruhigt bin ich- unruhig, un-ruhig, nicht ruhig.  Ruhe ist ja kein Selbstzweck. Das Innere ist wach, bereit zu handeln oder sich zu schützen, meine Grenzen habe ich im Auge, meine Gefühlswelt ist verunsichert und sehnt sich nach Selbstsicherheit.

Die Beschreibung meines Zustandes klingt wie der Innenminister: Grenzen, Sicherheit, Wachsamkeit….Hopplahopp!

Das ist eine unangenehme Erkenntnis! Dem Innenminister möchte ich keinesfalls das Wort reden! Das bedarf eines genaueren Blicks, den ich da nicht in der Öffentlichkeit weiterbetreiben werde.

Atmen- schauen- atmen-hören-atmen, mit mir sein!

Sprache bahnt einen Weg

27.September 2017

Sprache ist mir eine Quelle des Nachdenkens und häufig Anregung für Standortbestimmung. Wenn ich mich an Formulierungen stoße, heißt das, dass ich mich auf der Suche nach einem passenderen Wort frage, wie ich das jetzt wirklich, wirklich meine, was ich wirklich, wirklich sagen will.

Sprache ist für mich aber auch ein Medium, das den Wandel manchmal vorwegnimmt oder besser – dem Wandel den Weg bahnt, wie ich finde.

Im Archiv habe ich einen Text gefunden, der auf für mich dermaßen kraftvolle Weise ein Bild zeichnet, das, wie ich finde, den nötigen Sog für Veränderung aufbaut. Ich teile mit euch ausschnitthaft diese Kraft.

Die Worte stammen von Thiago de Mello, einem brasilianischen Schriftsteller.

„Es wird verfügt, dass jeder Wochentag,

auch der Dienstag, der aschfarbenste, das Recht hat,

sich in einen Sonntagmorgen zu verwandeln.

(….)

Niemals mehr wird es nötig sein,

sich zum Schutze in Schweigen zu hüllen

oder Wörter wie Rüstung zu benutzen.

Der Mensch wird sich an den Tisch setzen mit ungetrübten Blick,

denn die Wahrheit wird vor dem Nachtisch serviert.

(…)

Es wird verfügt und festgeschrieben,

dass der Mensch ein Tier ist, das liebt,

und dass er dadurch schön ist,

viel schöner als der Morgenstern.

Es wird verfügt, dass nichts mehr erzwungen noch untersagt sein wird.

Alles wird erlaubt sein,

vor allem mit dem Rhinozeros zu spielen

und am Nachmittag

mit einer riesengroßen Begonie im Knopfloch

spazieren zu gehen.

(…)“

Thiago de Mello