Schlagwort: Verantwortung

(Selbst-) Regulation

27. März 2020

Die Tage vergehen äußerlich sehr gleichförmig. Innerlich unterscheiden sie sich.

Tage, die produktiv im herkömmlichen Sinn sind, halten die Unsicherheit und Ungewissheit mit Arbeitszufriedenheit in Schach. Tage, die gekennzeichnet durch Kontakte mit Freundinnen und Familie sind, geben das Gefühl, dass es im Umkreis eh allen einigermaßen gut geht und niemand ernsthafte gesundheitliche Probleme hat, das beruhigt das Unbehagen. Tage, die sich eher zäh anlassen, durch eine gewisse Lustlosigkeit gekennzeichnet sind, sind jene Zeiten, wo die Membranen zur Krise, die sich über unsere kollektive Zeit gelegt hat, durchlässig werden und die Fragen ins Innere sickern und es sich dort einmal einrichten. Da treffen die kollektiven dann auf die individuellen Fragen.

Sie sind da- die Fragen und harren der Antworten, die ich nicht so ohne weiteres habe. Ver-Antwort-ung bekommt da eine klare Bedeutung.  Diese Tage haben den Sinn, die Fragen zu hüten, die Ungewissheit zu halten, den Verlust und das Vermissen zu erleiden. Ich befrage mich, ich ver-antworte mich. Und verbiete mir die schnelle Aktion, die doch oft viel einfacher wäre.

An allen Tagen ist Selbstregulation vonnöten. Sorgen für mein leiblich spürbares Dasein, das vor dem Laptop, im Kontakt, im Scannen der aktuellen Nachrichten ganz schnell aus meiner Aufmerksamkeitsradius rausfällt. Dann: atmen, drei Atemzüge wahrnehmen, auf den Boden legen und die Auflageflächen spüren, im Liegen meine Gliedmaßen sanft bewegen, die Atemräume dehnen. Aufstehen und den Boden unter den Füßen wahrnehmen. Bottom up – Regulation: meinen Körper in seiner Lebendigkeit spüren, den Boden, der mich trägt, mein Dasein jenseits von Fragen und Antworten, Daten und Fakten.

Vorsprachliche Poesie, mit einer Ahnung von Vertrauen auf  das JETZT als Boden für das „Auf uns Zukommende“ – die Zu-kunft.

Von der kleinen zur großen und wieder zur kleinen Welt

3. November 2018

Da sitz ich mit einem zweiten Frühstückskaffee im frisch ausgemalten, wie neuen Wohnzimmer in meinem geliebten roten Lesesessel und das Leben könnte so richtig schön sein….

….wäre da nicht dieses klamme Gefühl im Magen ob der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung in diesem Land, die mit einer Positionierung in diesem Europa und im Weltgefüge unmittelbar zusammenhängt. Es erschüttert mich, ich finde es in höchstem Maße beschämend und wahnsinnig KURZ -sichtig (ah, die verräterische Sprache!) ja geradezu infantil, der Tatsache „Migration“ dermaßen ignorant, unmenschlich und in Verweigerungshaltung gegenüberzutreten.

Was ist zu tun?

Sich genau informieren, mit realen Zahlen und Tatsachen operieren, der Angst widerstehen, der Zivilgesellschaft trauen, Kreise Gleichgesinnter im eigenen Umfeld bilden, mit der eigenen Meinung nicht hinterm Berg halten, Fragen stellen- am besten ein bisschen unangenehme (zum Beispiel deklarierten ÖVP Wählern, ob es das ist, was sie wollen).

UND

Mir herholen, wo ich die Welt als guten, freundlichen Ort erlebe, einen kleinen Teil der Welt als guten und freundlichen Ort gestalten, Fülle kreieren, Selbst-Verantwortung üben, mich um Selbst-Beantwortung kümmern, Beziehungen pflegen, dem Dialog vertrauen.

Ein Lob dem Diskurs und der Basisdemokratie

21. Oktober 2017

Was mir im Moment auffällt: wie wenig Basisdemokratie geschätzt und geübt wird, wie vorschnell dieses Modell als chaotisch, träge,  nicht machbar, nicht lebbar beurteilt wird. Was stimmt, ist, dass es Übung braucht. Und was auch stimmt, ist, dass fixfertige Modelle darin nicht sehr gut durchgedrückt werden können.

Was aber gut möglich ist, ist Ideen und Gedanken zu etablieren, die wirklich neu sind und gemeinsam weiterentwickelt werden können. Dazu ist aber Diskursfähigkeit nötig und die ist jetzt nicht gerade die Fähigkeit Nummer eins in unseren Breiten.  Das Problem ist auch, dass ein entwickeltes Modell dann nicht eine Person als „Ihres“ verkaufen kann, weil zu viele Menschen daran mitgedacht und der „Kreis“ und der „Prozess“ als weitere Gestalter daran mitgewirkt haben. Meist ist aber von Beginn an die Mehrheitsfähigkeit gegeben, wenn es solide durchdiskutiert ist. Der nächste Fallstrick ist aber wiederum: wer fühlt sich wirklich verantwortlich für die Umsetzung? Diskursverantwortung, Planungsverantwortung und Umsetzungsverantwortung sind dreierlei. Gibt es in basisdemokratischen  Gruppen und Bewegungen aber Geschick, die Fähigkeiten der vorhandenen Personen zu erkennen und einzusetzen, kann da schon einiges gelingen.

Einzelne sogenannte Berater, die meist „Ex-Perten“ sind, können schnell Konzepte auf die Beine stellen, diese einfach und schlüssig bewerben und verkaufen und schnell an den Mann und an die Frau bringen. „Ex-Perte“ bedeutet aber auch viele Bereiche und Felder „aus-zuschließen“, um eben so schnell und scheinbar schlüssige Lösungen zu präsentieren.

Ich plädiere ja für Menschen, die  „universal“ denken und sich basisdemokratischen Prozessen aussetzten können. Das befreit vom Anspruch, immer schon die gute Lösung in der Tasche haben zu wollen. Es hilft Entscheidungen gründlich abwägen zu können und sie dann auf solide Beine zu stellen. Vernetzung wird möglich, Motivationen müssen offengelegt werden, um Verständigung und Verständnis will gerungen werden. Einwände und Nachfragen mögen als lästig empfunden werden, ist das Vertrauen in die beiden Mitgestalter „Kreis“ und „Prozess“ ausreichend vorhanden, bedeutet das allerdings immer das Herausarbeiten einer Schärfung, das Hinschauen auf Ungereimtheiten.

Wahrscheinlich, ziemlich sicher, also definitiv gibt es darüber schlaue Bücher 🙂

Ich versuche ja gerade nur zusammenzutragen, was meine Erfahrungen sind und was ich so beobachte. Heute hätt´ ich gerne eine Kommentarfunktion in meinem Blog…

Vielleicht freut euch ja ein „oidvaderisches“ Mail…

Wahlergebnisse- Wahlerlebnisse

16. Oktober 2017

Vieles an dem vorliegenden Wahlergebnis war im Vorfeld klar, war mir klar.  Was mich tatsächlich kalt erwischt – und gefühlt nicht nur mich – , ist das im Raum stehende Ausscheiden der Grünen aus dem Parlament. Es ist tatsächlich nicht leicht auszuhalten, die eigenen Stimme nirgendwo vertreten zu sehen. Ausatmen – Einatmen – Pause. Ja, es schmerzt und kränkt!

Es schaudert mich  bei der Vorstellung, welche Menschen vermutlich diverse Ministerien übernehmen werden und da einiges an Macht und Gestaltung spielen lassen werden.

Was nun zu hoffen bleibt: das Wahlkartenwunder für die Grünen!

Was zu wünschen ist: VerANTWORTung  bei all den Kerlen (wo, wo, wo sind die Frauen???), sachliche Diskursfähigkeit, die Einsicht, dass „Meins Mir Allein“ ein recht unlustiges Spiel ist und das „fremd“ als Synonym für Gefahr, Angst und Bedrohung ein geschüttelter Schwachsinn ist!!!

Und eine widerständige Zivilgesellschaft, die aufsteht, sich wehrt, sich organisiert und die Demokratie als etwas begreift, dass unsere Wachheit und unsere VerANTWORTung  verlangt.

Wie war das mit den Seinsqualitäten von Teilhabe und Freiheit?

Empfänglichkeit, Hingabe, Humor, Leidenschaft, Unabhängigkeit, Selbstachtung, Offenherzigkeit – such es Dir aus, wie du heute sein wirst!

Einfacher-langsamer-nur eine Sache

11. Oktober 2017

Was mich grad beschäftigt: die bevorstehende Wahl und wie der Wahlabend mitsamt dem mit Sicherheit unbefriedigenden Wahlergebnis abgefedert werden kann – für mich/uns ganz persönlich; wie ich mit schlechtem Gewissen umgehe und zu welch inneren Filmen mich dieses animiert, warum die Meisen und Amseln die schönsten und größten Äpfel anpecken und nicht die kleinen, die sich fast nicht auszahlen zu ernten und zu verarbeiten….

Ich befinde mich also in den Niederungen des Alltags und habe heute einen guten Tag vor mir,  um für all diese inneren Fragen nach Ant-worten zu suchen und in die Verantwortung zu finden. Frühstück mit einer lieben Freundin, nur wenige Stunden in der Schule und so ein wenig freie Zeit und hoffentlich Muße, um den Dingen auf die Spur zu kommen. Abends dann Feldenkraiskurs,  auf den ich mich mittwochs immer schon freue: weil Feldenkrais in einem schönen Raum mit netten, interessanten und besonderen Menschen – das ist einfach eine Freude!

Was ich an dieser Feldenkraisarbeit einfach so gerne mag, ist, dass sie uns auf einer sehr leiblichen Ebene mit anderen Lebensprinzipien vertraut macht, als jene, von denen wir täglich umgeben sind und an denen wir manchmal einfach leiden. Schneller, höher, weiter, effektiver, Multitasking wird abgelöst von einfacher, leichter, langsamer, spielerischer bei nur einer Sache bleiben, eine Pause machen, wenn es genug ist. Das im Kurs immer wieder zu sagen und es auch mir zuzusagen, tut einfach gut und bahnt der Lebensfreundlichkeit und Lebendigkeit im Alltag einen Weg!

Die langsamen und die schnellen Antworten

9. Oktober 2017

Ich glaube, es könnte so sein: Die Fragen, die mir das Leben und die ich mir selber stelle, bewegen mich fort, bringen mich weiter. Der Antwortversuch, das Ringen um eine für mich passende Beantwortung meiner Fragen, verortet mich immer wieder auf den Landkarten des Lebens. Das würde für mich bedeuten, ich ver-antworte mich und mein Leben.  So möchte ich Ver ANTWORTung verstehen.

Immer selbstverständlicher mit diesen Prozessen umzugehen, heißt dann erwachsen sein.  Ich kann meine Antworten weiträumiger suchen, ich brauche nicht immer ganz schnelle Antworten, ich halte Spannung aus, ich kann mir Verbündete für meine Beantwortungswege suchen, ich schaffe mir ein Umfeld, das mich begleitet und unterstützt, das mich sowohl in Frage stellt, als auch verortet.

Soweit mal das theoretische Modell – für mich füllt sich das schon immer wieder mit Leben. Genau weiß ich nicht, warum mir das jetzt einfällt, aber mit dieser Haltung sollten wir auch wählen: uns nicht die schnellen Antworten der anderen aufs Aug drücken lassen, damit die Spannung endlich ein Ende hat, die Lösung der Probleme irgendwo hindelegieren, bevorzugt an einen der zahlreichen „starken“ (an chronischer Selbstüberschätzung leidender) Männer, die uns sagen, dass es „Zeit ist“…. „Jetzt oder nie“ meint auch einer,  ein anderer glaubt gar, in sich einen Vordenker entdeckt zu haben…..

Kann gut sein, dass ich mich anderswo verorte….

Mich verorten – mich ver-antworten

8. Oktober 2017

Einiges war ich unterwegs in den letzten Tagen, viele Menschen getroffen und gesehen, intensive Begegnungen,  Gespräche unterschiedlicher Tiefe und verschiedenster Art. Ich habe es genossen und es gab (in der Wiener Innenstadt) auch mal den Punkt von Übermaß und Erschöpfung, das deutliche Gefühl von ZUviel.

Die Frage ist also: was kommt nach „viel“ ? Kommt dann „noch mehr“? Oder kommt im Sinne des Ausgleichs, der rhythmischen Polarität dann „wenig“? Für mich gesünder fühlt sich das Pendeln ins „wenig“ an, ins Einfache, ins Sparsame, ins Überschaubare, ins Erholsame für Auge, Ohr und Seele. Wenn es gelingt, diesen Punkt des „sich Bescheidens“ zu spüren und mit der eigenen Gestaltungsmacht dafür zu sorgen, dass Zeit und Raum für Ausgleich ist, dann ist es gut.

Nicht immer erlauben das die Umstände, öfter mal ist uns etwas abverlangt, dass so nicht plan- und gestaltbar ist. Mich beschäftigt, wie ich, wie wir mit diesem Anspruch von außen umgehen. Ich reagiere da manchmal mit ordentlich Widerstand, mit Ärger, Genervtheit und Grant. UND es gibt gleichzeitig die Ahnung, dass es zum einen darum geht, sich in diesen Unwägbarkeiten, Ansprüchen und Spannungsfeldern einzufinden (zu atmen und wahrzunehmen) und zum anderen, mich/sich dafür wertzuschätzen und zu würdigen, dass dieser Prozess des Akzeptierens, des Sich-einfindens, des Abweichens von den eigenen  Bedürfnissen und Plänen eben auch nicht ganz einfach und selbstverständlich ist und trotzdem getan werden will und wichtig ist.

Vielleicht bleibe ich heute etwas vage und unkonkret, aber mir persönlich erscheinen diese Gedanken gerade entscheidend zu sein. Für mich hat das auch mit erwachsener Verantwortung zu tun. Und die (für mich intuitive und noch nicht ganz fertig gedachte) Verwandtschaft zwischen Ver-Antwortung und Ver-Ortung kommt darin zum Ausdruck, dass ich um meine Leistung des Abweichens, des Mich- Einfindens und auch um die Mühe weiß und mich eben dafür schätze, diese Tatsache als Arbeit an mir selber würdige.

Und heute ist es wiederum ganz einfach: Ruhe, Einfachheit, Erholung, mit mir und meinen Bedürfnissen sein – ein verregneter Sonntag, den es zu genießen gilt….